OÖ BAU-Symposium 2025:
Baukosten senken, Potenziale heben


zum LT1-Bericht des OÖ BAU-Symposiums 2025
Foto-Ausschnitt aus LT1-Bericht

 

Die Bauwirtschaft steht vor einem strukturellen Wendepunkt. Steigende Kosten, komplexe Regelwerke und ein zunehmend herausforderndes Marktumfeld verlangen strategische Klarheit, sowohl von Betrieben als auch von öffentlichen Auftraggebern. Beim Bau-Symposium am Mittwoch in der BAUAkademie BWZ OÖ in Steyregg, veranstaltet in Kooperation mit der Landesinnung Bau OÖ und der Zukunftsagentur Bau (ZAB), wurden zentrale Hebel zur Kostensenkung in den Mittelpunkt gerückt. Dabei zeigte sich deutlich, wie neue Standards, effizientere Prozesse und gemeinsame Strategien die Branche nachhaltig stärken und ohne Qualitätsverlust neue Spielräume eröffnen können.
 

Zuschauermenge gerichtet an den Sprecher LR Achleitner

 

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, wie die Baukosten in Oberösterreich nachhaltig gesenkt und gleichzeitig Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen gewahrt werden können. Die Baubranche, so waren sich die Experten einig, stehe aktuell unter einem immensen strukturellen Druck. Von gestiegenen Materialpreisen über komplexe Genehmigungsverfahren bis hin zu einem dichten Netz an Normen, die Innovationen erschweren. Trotz dieser Ausgangslage wurden am Symposium klare Lösungswege aufgezeigt: Vereinfachte Standards, eine Stärkung der Planungskompetenz, eine moderne Regulatorik und eine strategische Zusammenarbeit aller Akteure könnten den Durchbruch bringen.
 

„Hamburg-Standard“ zeigt Weg: Wie ein radikal vereinfachtes Bausystem ein Drittel der Kosten spart

Ein Höhepunkt des Symposiums war die Präsentation des „Hamburg-Standards“ durch Architekt Robert Klaus, Abteilungsleiter der Obersten Bauaufsicht im Amt für Bauordnung und Hochbau bei der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Das Modell gilt in Deutschland längst als Leitprojekt einer neuen Baukultur. Der Ansatz setzt auf die konsequente Reduktion technischer und organisatorischer Vorgaben, verschlankte Genehmigungsprozesse und klar definierte architektonische Typologien. Das Resultat: deutlich geringere Kosten, weniger CO2-Ausstoß und eine spürbare Beschleunigung der Projektrealisierung. Evaluierungen aus Hamburg zeigen, dass sich durch diesen strukturierten Zugriff mehr als ein Drittel der üblichen Baukosten ohne Einbußen bei Qualität oder Sicherheit einsparen lässt. Die Diskussion in Steyregg machte deutlich, dass ein solches Modell auch für Oberösterreich beträchtliches Potenzial birgt, wenn politische, rechtliche und planerische Rahmenbedingungen entsprechend weiterentwickelt werden. 

Ein beeindruckendes Detail zum Hamburg-Standard ist das Wilhelmsburger Rathausviertel: Dort entstehen auf der Elbinsel rund 1.900 Wohneinheiten, darunter Wohnungsneubau, Studierendenwohnungen, Gewerbeflächen, Kitas und Sportangebote. Dieses Quartier ist als Modellprojekt gedacht, um die Instrumente des Hamburg-Standards in der Praxis umzusetzen, wissenschaftlich zu begleiten und dauerhaft als Beispiel für kostengünstiges, 
qualitativ hochwertiges Bauen zu dienen. Besonders relevant: Bei den Piloten in allen sieben Hamburger Bezirken wurden 13 Bauprojekte mit insgesamt rund 1.200 Wohnungen ausgewählt, um die Maßnahme systematisch zu testen und Wirkung zu messen. „Mit dem Hamburg Standard lassen sich laut Initiative effizient bis zu 2.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche einsparen. Das entspricht einer Baukostensenkung von über einem Drittel“, so Robert Klaus.
 
 

Bauwirtschaft OÖ: Mehr Tempo, weniger Kosten

Aus Sicht der oberösterreichischen Baubetriebe stellte Norbert Hartl, Bundesinnungsmeister-Stv. und Präsident der BAUAkademie OÖ klar, dass die oberösterreichische Bauwirtschaft massiv von Überregulierung und komplexen Verfahren belastet sei. Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen würden unter einem administrativen Aufwand leiden, der ihnen Zeit und Ressourcen entziehe. Die Branche brauche weniger Detailvorgaben und mehr Strukturreformen, um wieder wettbewerbsfähig arbeiten zu können. Bürokratieabbau und effizientere Planung seien daher zentrale Voraussetzungen für eine nachhaltige Entlastung.

Auch Landesinnungsmeister Wolfgang Holzhaider, verwies auf strukturelle Stellschrauben, die bisher zu wenig genutzt wurden. „Seit mehr als zehn Jahren stagniert die Produktivität in der Bauwirtschaft, obwohl die Zahl der Angestellten kontinuierlich steigt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Unsere Projekte werden immer komplexer, die Anforderungen dichter, die Koordinationswege länger. Wir brauchen daher neue Strukturen und vor allem eine Stärkung der Planungskompetenz. Generalplaner-Modelle zeigen, dass eine integrierte, durchgängige Planung nicht nur Reibungsverluste reduziert, sondern die entscheidende Stellschraube für Kosten, Qualität und Terminhaltung ist. Genau hier müssen wir ansetzen. Auch die Ausbildung gehört neu gedacht: Ein Architekturstudium, das konsequent um Baumanagement und Ausführungswissen erweitert werden muss, schafft jene Fachkräfte, die moderne Bauprojekte tatsächlich steuern können. Eines ist klar: Die Beeinflussbarkeit eines Bauprojekts liegt zu einem überwiegenden Teil in der Planungsphase. Wenn wir Produktivität zurückgewinnen wollen, müssen wir die Planungsqualität erhöhen.

Ein wesentlicher Hebel wurde im Symposium in der Möglichkeit gesehen, bestimmte Gebäudeklassen – etwa die Gebäudeklasse E – außerhalb der engen normativen Vorgaben zuzulassen. Durch solche Spielräume ließen sich je nach Projekt zwischen 10 und 25 Prozent der Baukosten reduzieren. Angesichts steigender Baukosten, hoher Immobilienpreise und wachsender Zinsen wurde deutlich, dass diese Entwicklungen sowohl die Bauwirtschaft als auch Wohnungssuchende und Unternehmen spürbar unter Druck setzen. Im Fokus stand auch das Projekt „Bauen außerhalb der Norm“, mit dem die Zukunftsagentur Bau (ZAB) gemeinsam mit ihren Partnern bewusst neue Wege geht und etablierten Standards innovative Alternativen gegenüberstellt. Geprüft wird derzeit, wie Bauvorhaben auch außerhalb bestehender Normen und Vorschriften realisiert werden können, ohne Sicherheitsstandards zu vernachlässigen. Ziel ist es, technische Möglichkeiten besser auszuschöpfen, Planungs- und Ausführungsspielräume zu erweitern und damit Kosten zu senken, Innovationen zu fördern und leistbares Wohnen wieder möglich zu machen. Praktische Beispiele aus der Forschung der Universität Innsbruck zeigen, dass etwa die Dimensionierung von Decken oder Heizungsanlagen Investitionskosten um bis zu 30 Prozent reduzieren kann – bei voller Nutzung und ohne Komfortverlust. Auch die CO2-Bilanz verbessert sich dadurch erheblich.
 
Podiumsdiskussion beim BAU-Symposium 2025

Bildbeschreibung von links nach rechts - Bmstr. DI Anton Rieder (Rieder Bau GmbH & Co KG), Dir. Mag. Robert Oberleitner (GF Neue Heimat), Abgeordneter zum Nationalrat Josef Muchitsch, Bmstr. Ing. Norbert Hartl (Präs. der BAUAkademie BWZ OÖ), Landesrat Markus Achleitner, Bmstr. Ing. Wolfgang Holzhaider (Landesinnungsmeister Bau OÖ)

Beim Symposium machte die Politik klar, dass sie die Bau- und Wohnwirtschaft in Oberösterreich aktiv stärken will. Für Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner geht es hier zum einen um die Verbesserung der Rahmenbedingungen – Stichwort KIM-Verordnung. Gleichzeitig setze das Land OÖ aber selbst Konjunkturimpulse - Oberösterreich investiere, um insbesondere die Bauwirtschaft anzukurbeln, so Landesrat Achleitner. Dies sei ein entscheidender Faktor, um Arbeitsplätze zu sichern und die Zukunftsfähigkeit der Branche zu gewährleisten.

Nationalratsabgeordneter Josef Muchitsch betonte auf Bundesebene, dass die Bauwirtschaft ein systemrelevanter Wirtschaftszweig sei, der stärker entlastet werden müsse. Notwendig sei eine einheitliche Bauordnung für ganz Österreich sowie die Stärkung regionaler Wertschöpfung. Bei der Vergabe von Bauaufträgen dürften nicht ausschließlich Billigstbieter zum Zug kommen. Wenn der Preis plötzlich wieder allein ausschlaggebend ist, verlieren heimische Unternehmen ihren Wettbewerbsvorteil: Qualität, Fachkräfte, Ausbildung, sichere Arbeitsplätze und saubere Produktionsbedingungen würden im Vergabeverfahren kaum noch zählen. Österreich kann nach dem Prinzip „rot-weiß-rot“ vergeben – EU-konform, wirtschaftlich klug und im Interesse der Beschäftigten. Klare nationale Leitplanken seien entscheidend, um Vertrauen in den Markt zurückzugewinnen und die Zukunftsfähigkeit der Branche zu sichern.

Norbert Hartl machte beim Symposium deutlich: Nachhaltige Entlastung der Branche sei nur möglich, wenn Unternehmen, Politik, Verwaltung und Planung gemeinsam handeln. Die Landesinnung Bau, BAUAkademie OÖ und ZAB verstehen sich dabei als zentrale Drehscheibe, die Expertisen bündelt, Innovationen moderiert und Wissen transferiert. Das große Interesse der Teilnehmenden, der offene Austausch und die klaren Impulse aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik zeigten deutlich, dass die Branche bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und neue Wege einzuschlagen. Die Bauwirtschaft legt damit die Grundlage für einen zentralen Anspruch: Oberösterreich zu einem Vorreiter für kosteneffizientes, nachhaltiges und innovatives Bauen zu machen.
 
Gruppenfoto beim BAU-Symposium 2025

Bildbeschreibung von links nach rechts - Harald Kopececk, GF BAUAkademie OÖ und Zukunftsagentur Bau, Dir. Mag. Robert Oberleitner (GF Neue Heimat), Abgeordneter zum Nationalrat Josef Muchitsch, Bmstr. DI Anton Rieder (Rieder Bau GmbH & Co KG), Landesrat Markus Achleitner, Bmstr. Ing. Wolfgang Holzhaider (Landesinnungsmeister Bau OÖ), Bmstr. Ing. Norbert Hartl (Präs. der BAUAkademie BWZ OÖ)
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